Weshalb wurde Carl Grübel in Frankenroda und Nazza verehrt? 

In Frankenroda stößt man auf den Carl Grübel Platz, gibt es ein Denkmal ihm zu Ehren. Ältere Einwohner haben sicher auch noch eine Erinnerung an ihn und seine Bedeutung, aber allgemein ist das Wissen um den früheren Wohltäter der zum Herzogtum Gotha gehörenden einstigen Weberdörfern heute sehr gering. 

Im Mihlaer Ortsarchiv sind allerdings einige Spuren zu entdecken. Lesen wir dort in alten Zeitungsberichten und Dokumenten: Carl Ferdinand Grübel, 1849 bis 1920, aus Gotha, war ein Unternehmer und Kaufmann, der im Jahre 1872 in Gotha eine Eisenwarenhandlung begründete. In seinem Geschäft wirkte Grübel sehr erfolgreich. Aus dieser Eisenwarenhandlung ging dann nach seinem Tode, genauer im Jahre 1924, durch die neuen Besitzer, die Gebrüder Beck, die Gothaer Maschinenfabrik, die „Blema“, hervor. 

Grübel wurde mehrfach in den Gothaer Landtag gewählt und stand in freundschaftlicher Beziehung zum regierenden Herzog, von dem er den Titel eines Kommerzienrates verliehen bekam. 

Bekannt wurde er vor allem durch sein soziales Engagement. Seine Stiftung, die Carl Grübel Stiftung, beschäftigte sich vor allem mit der Förderung des traditionellen Handwerks, wobei dies ausdrücklich auch auf die dörfliche Situation im Herzogtum abgestellt war. So verdankt unsere Region dieser Stiftung und dem damit verbundenen Handwerker-Verein die Förderung des Weberhandwerkes, besonders in den Gothaer Orten Nazza und Frankenroda. 

1896 gründete Grübel gemeinsam mit Moritz Hoppe und Theobald Wolf das Wachsenburg- Komitee, welches es sich zur Aufgabe gemacht hatte, auf der herzoglichen Wachsenburg ein Landesmuseum aufzubauen. Dies gelang. Schwerpunkt der Ausstellung war übrigens auch eine Abteilung, die sich mit der Beteiligung thüringischer Soldaten am Einigungskrieg 1870/71 gegen Frankreich beschäftigte und die wegen ihrer Exponate und Darstellungen vielfach gerühmt wurde. Hier kam auch die Erinnerung Grübels an seine Militärzeit zum Ausdruck, er hatte den Krieg gegen Frankreich mitgemacht. Vielleicht sind hier auch die Berührungen und Verbindungen zu einer ähnlichen Ausstellung/Museum im Amtshaus von Frankenroda zu finden? 


Ortsobrigkeit, Weber und Mitarbeiter von Carl Grübel vor der Faktorei in Nazza, Aufnahme während des Herzogsbesuchs im September 1907, Museum im Mihlaer Rathaus. 

Grübel schaffte es auch, den gerade (1905) in die Regierungsverantwortung gekommenen Herzog der Fürstentümer Sachsen-Coburg-Gotha und Sachsen-Gotha Carl Eduard zu einem Besuch nach Nazza zu überreden. Dort wurde das Herzogspaar, am 11. Oktober 1905 hatte der Herzog in Schloss Glücksburg Prinzessin Viktoria Adelheid von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, eine Nichte der deutschen Kaiserin Auguste Viktoria, geheiratet, von den Schultheißen, Trachtenfrauen und der Kirmesgesellschaft mit den Husaren begrüßt. Das Herzogspaar besichtigte die Faktorei der Weber in Nazza. Von diesem für das kleine Dorf damals wichtigen Ort haben sich mehrere offizielle Fotos erhalten. 


Der Gothaer Herzog Carl Eduard mit seiner Gattin beim Besuch 1907 in Nazza. Mit dabei Trachtenfrauen, die Schulkinder und im Hintergrund die Kirmesgesellschaft mit Husaren und Fahne. 

Im Jahre 1908 gehörte Grübel zu den Hauptinitiatoren des ersten Trachtentreffens in Friedrichroda. Daran nahmen alle Orte des Herzogtums teil. Die Gemeinden Lauterbach, Frankenroda und Nazza waren mit ihren Trachten, den Schultheißen sowie Kirmesburschen mit Uniformen und Fahnen dabei. 

Die für unsere Region wirkungsvollste Unterstützung fand allerdings erst nach dem Tode Grübels statt. 1924 übertrug der Thüringer Handwerkerverein in Zusammenarbeit mit der Grübel Stiftung sein gesamtes Vermögen an den Nazzaer Kaufmann Oskar Bergmann, damit die bisher schon geförderte Handweberei im Werratal und in Nazza nicht ein Opfer der industriellen Produktion wurde. Dies war vor dem Hintergrund der Wirtschaftskrisen jener Jahre eine äußerst soziale Entscheidung und sicherte das Einkommen vieler ansonsten am Existenzminimum lebenden Weberfamilien, verhinderte aber letztlich nicht das Aussterben dieses Handwerkes. 

- Ortschronist Mihla -