Der Held seiner Familie: Ernst Christoph von Harstall 

Die Lage Mihlas an alten Heer- und Handelsstraßen hatten immer wieder das Übergreifen kriegerischer Ereignisse zur Folge. Diese Kriege richteten schwere Verwüstungen an und brachten häufige Krankheiten mit sich. 

Von diesen Ereignissen wurde auch die adlige Familie derer von Harstall nicht verschont. Aufgrund der Erbgesetze waren die nachgeborenen Söhne nahezu gezwungen, sich als Offiziere militärisch zu verdingen, um ein standesgemäßes Leben führen zu können. Daher war der Blutzoll der Familie von Harstall auch immer sehr hoch. 

Aber einige der Familienmitglieder brachten es dabei auch zu, oft zweifelhaften, Ruhm. Der in der Familie angesehenste Vertreter war Ernst Christoph von Harstall. Sein Vater Adam Georg erreichte mit 73 Jahren ein hohes Alter. Er verstarb 1674 in Mihla und wurde in der Familiengruft unter der Kirche beigesetzt. 


Gemälde des Rittmeisters Ernst Christoph von Harstall, unbekannter Künstlers, um 1700, im Museum im Mihlaer Rathaus, Leihgabe Dr. Gerhard Seifert. 

Von seinen Kindern sind Ernst Christoph (1629 geboren) und Johann Friedrich (um 1640 geboren) bekannt. Letzterer ging als kaiserlicher Obrist schon sehr früh nach Italien und begründete dort eine weitere Harstalllinie, die „Italienische Linie zu Bologna“, von der noch unliebsame Forderungen geltend gemacht werden sollten. 

Ernst Christoph zog es ebenfalls zum Kriegsdienst. Sicher wollte er sich als ältester Sohn und Erblasser hier nur Grundlagen für sein späteres Wirken als Landjunker schaffen. Aber aus Ernst Christoph sollte bald der bedeutendste Kriegsheld der jüngeren Mihlaer Linie erwachsen. 

Da das Mihlaer Rittergut mit Vater und Vetter besetzt war, verblieb ihm zunächst nur die Möglichkeit, sich im Militär ein Auskommen zu suchen, um dann nach dem Tode des Vaters das Mihlaer Gut zu übernehmen. 

Im Dienst des Landgrafen Wilhelm VI. von Hessen-Kassel war er lange Zeit tätig. Seine große Stunde schlug während des Nordischen Krieges, der im Jahre 1674 ausbrach und auch das Deutsche Reich beeinträchtigte. 

Hauptkriegsgegner in dieser langwierigen Auseinandersetzung waren das Königreich Schweden, dessen Herrscher Karl XI. die Großmachtstellung seines Reiches gegen die zweite nordische Macht, das Königreich Dänemark, und gegen das aufstrebende Kurfürstentum Brandenburg absichern wollte. 

Der schwedische König wurde in diesem Krieg von Frankreich unterstützt, während Dänemark und Brandenburg finanzielle Hilfe und auch Hilfstruppen aus Österreich und Spanien erhielten. Da der dänische König Christian V. mit der Tochter Charlotte Amalie des Landgrafen von Hessen-Kassel verheiratet war, setzte dieser, als der Krieg im Jahre 1676 die dänischen Gebiete direkt betraf, ein Hilfskorps in Marsch, dem auch eine Kompanie zu Pferde angehörte, deren Rittmeister Ernst Christoph von Harstall war. 

Insgesamt unterstützten 1300 hessische Soldaten den Kriegszug gegen die auf der Insel Schonen einfallenden Schweden. Nach schweren Kämpfen mussten die Dänen und ihre Verbündeten im Verlauf des Jahres 1676 schwere Verluste hinnehmen. 

Im Mai 1677 landeten 12 000 Dänen und Hessen bei Landskrona und zwangen die etwa 3000 Söldner starken schwedischen Kräfte, die Belagerung von Christiansstadt abzubrechen. Als neuer Oberkommandierender der dänischen Armee war Joachim Freiherr von der Goltz sehr erfolgreich. 

Im weiteren Vormarsch erreichten die Dänen und ihre Verbündeten Malmö. Ein Angriff auf die stark befestigte und von Generalleutnant Fersen erfolgreich verteidigte Stadt misslang unter schweren Verlusten. Der Rückzug in Richtung Landskrona musste angetreten werden. Vor dieser Stadt trafen am 14. Juli 1677 die beiden Hauptarmeen aufeinander. 

Der dänische König kommandierte den linken Flügel seiner Armee. Der schwedische König Karl XI. führte seine Truppen selbst an. Es gelang den Schweden, den rechten dänischen Flügel so erfolgreich anzugreifen, dass sich die Truppen in Unordnung zurückziehen mussten. In dieser Situation drangen schwedische Kürassiere auch auf den linken dänischen Flügel ein und es gelang ihnen, den König und sein Gefolge zu umklammern. 

Rittmeister Ernst Christoph, der mit seinen hessischen Reitern in Reserve stand, bemerkte diese schwierige Situation und befahl eine Attacke. Diese gelang, die hessischen Reiter hieben den Dänenkönig heraus und retteten ihn vor der Gefangennahme. 

Ernst Christoph, der an der Spitze seiner Truppen anritt, erhielt dabei drei Schüsse von schwedischen Kürassieren, die ihn tödlich verwundeten. Er starb noch auf dem Schlachtfeld, sein Leichnam konnte aber von den fliehenden Truppen mitgeführt werden. Diese Heldentat blieb nicht ohne Auswirkung. Der dänische König ordnete für seinen Retter in Landskrona ein Staatsbegräbnis an. 

Die Nachricht vom Heldentod des Ernst Christoph verbreitete sich rasch und führte dazu, dass der Tote in seinem Heimatort Mihla mit einem großen Leichenbegängnis geehrt wurde. Die Predigt hierzu verfasste der mit der Familie eng verbundene Pfarrer Heinrich Himmel, der schon zum Ableben von Hermann Adolph, des Onkels des Rittmeisters, eine solche gehalten hatte. 

Die feierliche Andacht, an der viele Offiziere und Kampfgefährten des Rittmeisters, darunter auch dänische Offiziere, teilnahmen, fand in der Mihlaer St. Martinskirche statt. Ein Offizier des dänischen Königs vermeldete, dass dieser den Nachfahren des Rittmeisters für die an ihm geleistete Heldentat, die Errettung vor dem Tode, der Familie den Freiherrentitel verliehen habe. Nach der Familientradition ziert seitdem ein Lorbeerkranz, der die Schwingen der Adlerflügel verbindet, das freiherrliche Wappen der Familie. 


Auszug aus der Leichenpredigt des Mihlaer Pfarrers Heinrich Himmel anlässlich der Trauerfeier für den gefallenen Rittmeister Ernst Christoph im Sommer 1677 in der Mihlaer Kirche. Himmel spricht hier den Angehörigen Trost wegen des plötzlichen Todes im Kriege zu. Er bezeichnet diesen Tod als „schnellen Tod“, dem ein schneller Ritt in den Himmel folge, Ortsarchiv Mihla, Heimatglocken. 

- Ortschronist Mihla -