1848 Aus alten Zeiten: die Separation veränderte das gesamte Leben 

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stand in Thüringen eine Flurbereinigung an. Diese war aus der Revolution von 1848/49 hervorgegangen und erwirkte nun Gesetzeskraft, zumindest im liberalen Großherzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach. 

Inhalt dieser Separation war eine private Neuverteilung der vormals gemeinsam genutzten landwirtschaftlichen Flächen, einhergehend mit einer groß angelegten Nutzungsänderung, die neben der gleichzeitig ablaufenden Agrarreform weichende soziale Veränderungen auslöste. Die Separation veränderte das Landschaftsbild grundlegend. 

Mit der Separation, die durch Gesetz vom 25.8.1848, vom 1.10.1853 und vom Oktober 1859, vor allem jedoch durch das Gesetz vom 4.1.1865 vorbereitet und in Gang gebracht wurde, verschwanden die letzten, eine produktive kapitalistische Landwirtschaft behindernden feudalen Überreste. 

Die in vielen Jahrhunderten erfolgten Erbteilungen, Rechtsstreite und Aufkäufe hatten eine äußerste Zersplitterung der bäuerlichen Grundstücke sowie eine Vermengung von Hut- und Triftrechten hervorgebracht. Gleichzeitig waren die Hutgrenzen im Hutteil Werthausen und an der Lauterbacher Grenze umstritten. 

Am 10.10.1867 wurde im „Mohren" in Mihla eine Bauernversammlung einberufen, auf der die Ablösung der noch bestehenden Triftrechte (als letzte noch vorhandenen Feudal-beziehungen) sowie die Zusammenlegung der Grundstücke in der Mihlaer Hut, einschließlich der Wüstungsflur Werthausen, beraten und eine Kommission zur Durchführung eingesetzt wurde.

   
Ein Blick in das alte Mihla: Rechts das Bauerngut Schütz, der Blick geht zur Kirche, davor der gerade erbaute „Bachkonsum“ des Mihlaer Konsumvereins. So ähnlich sah es in Mihla auch zur Zeit der Separation aus. 

Dieser gehörten Vertreter des Ortsvorstandes, die Gutsbesitzer und einige weitere große Bauern an. Die Leitung übernahm „... nach mehrfach eingetretenem Wechsel in den Personen ihrer Mitglieder ..." der von der Regierung hierzu berufene Oberbürgermeister von Eisenach, Schaffer, als juristischer Kommissar. Als Ökonomieverantwortlicher fungierte ein gewisser Dittenberger. 

Die Maßnahmen zur Feststellung der tatsächlichen Besitzverhältnisse, die „Auslosung" der neuen Parzellen sowie deren Zuweisung, die Festlegung der jeweiligen Bodenklassen und des zugehörigen Bonitätswertes und schließlich eine genaue Vermessung der nunmehr neu festgelegten Flurgrenzen nahmen viel Zeit in Anspruch. Erst Ende 1873 wurden die wichtigsten Arbeiten abgeschlossen und gar erst 1882 erfolgte die Aufstellung eines verbindlichen und zusammenfassenden Rezesses über die Durchführung der Separation durch die Kommission. 

Die am Anfang bei vielen Bauern durchaus vorhandene Unterstützung der Maßnahmen hatte sich inzwischen gelegt und war vielfach ins Gegenteil umgeschlagen. So musste der Pfarrer bereits 1874 im Kirchenbuch vermelden: „In diesem Jahr wurde die Separation der hiesigen Hur insoweit beendet, daß im Herbst die Zuweisung der Pläne stattfinden konnte,... wenn auch gleich beim Anfang des Verfahrens die Mehrzahl der Gemeinde sich dagegen aussprach. Erst auf mehrfache, oft ungehörige Proteste, die ihren Unwillen dagegen zu erkennen gab, und wenn auch jetzt noch viele mit den ihnen zugewiesenen Plänen sehr unzufrieden sind, so scheint doch jetzt die Aufregung darüber nachzulassen." 

Mit dem letzten Zusammenhang hatte der Pfarrer den Nagel auf den Kopf getroffen. Die Bodenkommission, der ja ausschließlich die wirtschaftlich stärksten Bauern angehörten, hatte es verstanden, dass die Großbauern die besten Stücke des Artlandes zugesprochen bekamen.

Viele der Klein- und Kleinstbauern hatten nun Ländereien erhalten, die zwar zusammenhängend waren, aber in den entlegensten Flurteilen lagen oder schlechtere Bodenqualität als vorher aufwiesen. 

Die Güter der beiden Schlösser waren, bis auf den Sand, von der Separation ausgeschlossen. Trotzdem brachten die Harstalls, ebenso wie bei der Ablösung, ihr Scherflein ins Trockene.

Zunächst mussten die Bauern für die Aufhebung der Harstallschen Triftrechte 7260 Mark zahlen. 

   
Die „Separationsbrücke“ über Mühlgraben du Werra im Zustand um 1930, wenige Jahre vor dem Abriss.

Die Zuziehung der Fluren „auf dem Sande“ und Werthausen hatte zur Folge, dass man nun den Bau einer Brücke über die Werra in Angriff nehmen musste, um die nun zur Mihlaer Flur gehörenden guten Äcker „auf dem Sande“ zu erreichen. Die alte Werrafähre hatte damit ausgedient. 

Die Harstalls verstanden es, in der Separationskommission durchzusetzen, dass letztlich die Gemeinde die Baukosten für die Brücke zu tragen hatte, obwohl die Masse der Grundstücke auf dem Sand zu den Schlössern der Harstalls gehörten. Nach dem Bau sollte die Brücke dann in Besitz der Gemeinde übergeben werden, was aber auch nur bedeuten konnte, dass die Gemeinde für ihren Unterhalt verantwortlich war. 

Der Brückenbau begann 1873. Zunächst entstand eine kleine Brücke vom Mihlaer Werraufer östlich des „Grauen Schlosses“ über den Mühlgraben. Vom Mühlwehr aus verband eine große Jochbrücke das Mühlwehr mit dem Sandufer. Für den Brückenbau wurden 1348 Fuß Eichenholz zu Pfählen und 524 Fuß Kiefernholz zu Straßenlatten verarbeitet. 

Da der Zufahrtsweg zur Brücke über das Schlossgelände der Harstalls verlief, hatten diese das Recht, die Passage der Brücke zu kontrollieren. 

Bis zum Neubau der Stahlbetonbrücke über die Werra am heutigen Standort der Straßenbrücke in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts verband diese doppelte Brücke nun die beiden Werraufer. 

Ortschronist Mihla