1813 - Historischer Rückblick: Vor 210 Jahren veränderten der „Befreiungskrieg“ und die Völkerschlacht bei Leipzig die gesamte europäische Politik. 

Vor 210 Jahren, im Frühjahr und Sommer 1813, erhoben sich die von der Napoleonischen Herrschaft besetzten Gebiete in Europa gegen den französischen Kaiser und seine Ausplünderungspolitik. 

Den Anstoß hierfür gab 1812 der gescheiterte Russlandfeldzug der französischen „Großen Armee“, der Brand von Moskau nach der vernichtenden Schlacht bei Borodino und die Katstrophe an der Beresina. Von 600.000 französischen und mit dem Kaiser verbündeten Truppen, darunter viele deutsche Verbände, kehrten nur etwa 80.000 zurück. 

Dann ging es für Napoleon Schlag auf Schlag. Die Spanier vertrieben nach jahrelangen aufopferungsvollem Kampf seine Soldaten, die britischen Truppen unter General Wellington überschritten die Grenze zu Frankreich und endlich, für viele preußische Reformer um Stein, Scharnhorst und Gneisenau viel zu spät, wandte sich der preußische König an „sein Volk“. Der „Sturm brach los“… Noch war aber das Feldherrngenie Napoleon in der Lage, Siege zu erringen, bei Großgörschen und bei Dresden. Erst der Kriegseintritt des Kaiserreichs Österreich brachte dann auch das benötigte militärische Übergewicht. 

Im Herbst vor 210 Jahren konzentrierten sich schließlich die Kampfhandlungen im Raum von Leipzig. Vom 16. bis 18. Oktober 1813, tobte in und um Leipzig eine gewaltige Schlacht, die später unter den Namen der “Völkerschlacht” allgemein bekannt wurde. In einem dreitägigen Ringen kämpften insgesamt 560.000 Soldaten aus beinahe allen europäischen Staaten. Napoleon konnte gemeinsam mit seinen französischen, italienischen und spanischen Einheiten Truppen aus dem Rheinbund zum Einsatz bringen, insgesamt 191.000 Mann. Ihm gegenüber standen drei Armeen der Verbündeten, darunter österreichische, preußische, russische, englische und schwedische Einheiten, zusammen 206.000 Mann. 


Szene aus der Völkerschlacht bei Leipzig. Preußische Reiter greifen französische Garde-Infanterie an, historisches Gemälde, Repro Sammlung Autor. 

Nach dreitägigem blutigen Ringen musste Napoleon weichen. Vor allem der ungestüme Angriff der Russen und Preußen unter General von Blücher und das Überlaufen von Rheinbundtruppen aus Württemberg und Sachsen brachte die Entscheidung. Die Verbündeten verloren 53.000 Soldaten und Offiziere, Napoleons Streitkräfte zählte 73.000 Gefallene und Verwundete, gut 35.000 Mann gerieten in Gefangenschaft. 

Fluchtartig zog sich Napoleon nun aus den besetzten deutschen Gebieten zurück. Dabei wurde Ende Oktober 1813 auch unsere Region Kampfgebiet. Am 25. Oktober marschierten französische Truppen über Eisenach und Creuzburg in Richtung Westen. Napoleon selbst wechselte in Eisenach die Pferde und wäre beinahe durch preußische Husaren gefangen genommen worden. 

Zu einem schweren Gefecht kam es am 26. Oktober bei den Hörselbergen. Die preußischen Truppen attackierten die französische Nachhut und Marschall Bertrand. Diese wehrte sich verbissen und schlug mehrere Angriffe zurück. Preußen und Franzosen erlitten erhebliche Verluste. 

Am 28. Oktober 1813 versuchte schließlich noch ein abgeschlagenes französisches Husarenregiment, von Langensalza über den Hainich kommend, den Durchbruch bei Neukirchen. Zwischen Neukirchen und Ütteroda kam es zu Kampfhandlungen mit verfolgenden russischen Kosaken und preußischen Truppen. Die Verbündeten machten über 400 Gefangene und noch lange Zeit gab es auf dem Friedhof in Neukirchen “Franzosengräber”. 


Preußische freiwillige Jäger greifen eine französische Einheit an. So könnte sich auch das Gefecht bei Neukirchen Ende Oktober 1813 abgespielt haben, Sammlung Autor. 

Zwischen Lauterbach und Mihla entstand in diesen Tagen ein französisches Heerlager. Geschwächte und kranke Soldaten biwakierten dort unter freien Himmel. Die noch marschfähigen Truppen zogen am 29. Oktober ab, die restlichen Soldaten kamen in Gefangenschaft. Sie hatten jedoch in den Dörfern der Region ein furchtbares Erbe hinterlassen: Das Nervenfieber Typhus. 

In kürzester Zeit wurden allein in Lauterbach 132 Bewohner davon befallen, in Mihla gab es noch mehr Erkrankungen. Die Lage war so schlimm, dass die Kirchgemeinde einen Teil ihres Vermögens für den Kauf von Medikamenten zur Verfügung stellte. Trotzdem stellte sich ein Massensterben ein. Allein während der Weihnachtstage 1813 musste der damalige Pfarrer Köhler in Lauterbach 20 Personen beerdigen. Insgesamt verstarben an der Seuche in Mihla 92 Personen, in Lauterbach 35. Erst im März 1814 waren diese Schrecknisse überwunden. 

Übrigens nahmen auch Einwohner aus unseren Dörfern an diesen Kämpfen teil. Vom Mihlaer Propel aus zogen sie im Frühjahr 1813 los. Nach alten Überlieferungen sollen Mihlaer auch bei den Lützower Jägern gestanden haben und von dort die schwarz- rot- goldene Begeisterung der Burschenschaften mit in unseren Ort gebracht haben, was schließlich 1848 zum Entstehen der Mihlaer Kirmesfahne führte. 


An die furchtbarste Schlacht des 19. Jahrhunderts erinnert das Leipziger Völkerschlachtsdenkmal, das in einer erneuten Zeit antifranzösischen Hasses genau 100 Jahre nach der Schlacht durch Kaiser Wilhelm II. eingeweiht wurde. 

Rainer Lämmerhirt