Aus dem 30jährigen Krieg, Teil 2

Die ununterbrochenen Durchzüge und Einquartierungen führten bald zu ernsten Mangelerscheinungen im dörflichen Leben. Es wurde immer weniger angebaut, Hunger und immer neue Krankheiten machten sich breit. Die Kindersterblichkeit war sehr hoch.

Sicherlich waren die Gutsherren von vielen direkten Auswirkungen der Durchzüge verschont. Aber mit zunehmender Kriegszeit nahmen die Söldner immer weniger Rücksicht auf die Herrenhäuser. Krieg und Krankheiten machten nun auch nicht mehr vor den Schlosstoren halt. 1632 verstarb während der Flucht in Eisenach die 37jährige Magdalene von Harstall, Frau des Besitzers im Roten Schloss, Johann Christoph. Von ihren in 19 Jahren Ehe geborenen 15 Kindern überlebten sie nur 9. 1640 verstarb Sibillian, Ehefrau des Gutsherren im Blauen Schloss, Adam Georg von Harstall, im Alter von 37 Jahren. Auch von ihren 9 Kindern verstarben 4, darunter 3 durch die eingeschleppten Krankheiten. Die Kampfhandlungen forderten ebenfalls ihre Opfer unter der adligen Familie, da viele Söhne im Felde standen. 1632 fanden der 27jährige Hans Hermann als Cornett in einem schwedischen Regiment in Marburg und der 30jährige Capitän der hessischen Armee, Heimbrod Philipp von Harstall, in Nürnberg den Tod. Das gleiche Schicksal erlitt 1637 Melchior Hermann von Harstall als Obristleutnant des hessischen grünen Regiments. Er verstarb in Kassel an der Pest.

Aus dem 30jährigen Krieg, Teil 2

Reitergefecht im 30jährigen Krieg, zeitgenössische Darstellung des frühen 20. Jahrhunderts, Sammlung Verfasser. Solche verlustreichen Gefechte wurden durch die verfeindeten Armeen meist vermieden, viel lieber plünderte man die Dörfer der schutzlosen Bauern, egal, auf welcher Seite diese standen.

Wesentlich schlimmer als bei den Harstalls sah es bei anderen Bevölkerungsschichten aus. 1635 waren Kroaten und Hatzfeldische Reiter im Ort, die erneut die Pest einschleppten. Diesmal wütete sie 4 Jahre. Unbeschreibliches Grauen machte sich breit. Wurden die Menschen von der Pest infiziert, gab es kein Entrinnen. Der Tod trat häufig schon nach wenigen Tagen ein. 1635 mußte Pfarrer Himmel 122 Opfer der Seuche beerdigen, in Lauterbach waren es sogar 75. Im Kirchenbuch berichtete der Pfarrer: „ ... waren Sonntag vor Michaelis 6 Personen uff einmal begraben und 3 Leichen aus einem Haus getragen, war groß Jammer anzusehen, weinet alle, die es sahen.".  Das Wüten der Krankheit hielt die Söldner nur bedingt ab, die Orte zu plündern. 1635 begaben sich die Einwohner Lauterbachs auf die Flucht vor über 1000 Reitern, die das Dorf plünderten. In dieser Zeit starb der 27jährige Hans Meusemann, der seinen neben der Kirche gelegenen Hof dem Pfarrer vermachte, mit der Bitte, darin für Lauterbach eine eigene Schule einzurichten. Das geschah noch im gleichen Jahr. Als erster Schulmeister wurde Elias Kranichfeld genannt, den die Pest aber bereits 1636 dahinraffte. Ende 1635 verließ Pfarrer Himmel Mihla, um als Adjunkt nach Creuzburg zu gehen. Sein 1621 geborener Sohn Heinrich besuchte zu dieser Zeit bereits die Eisenacher Lateinschule. Er sollte 1645 die Pfarrstelle in Mihla übernehmen. Neuer Pfarrer wurde zunächst aber der 1604 in Creuzburg geborene Georg Emmerich Pfefferkorn, vorher bereits Pfarrer in Neustadt. Von ihm stammen die weiteren Nachrichten über den großen Krieg. 1636 erreichte die Pestwelle ihren Höhepunkt. 147 Dorfbewohner verstarben im Verlauf des Jahres an der Seuche. Man setzte die meisten in Massengräbern auf dem Kirchhof bei. Auch 1637 waren weitere 112 Pesttote zu beklagen. So forderte die Pest insgesamt in den als „Pestjahren" im Gedächtnis der Menschen haften bleibenden Jahren 1635 bis 1637 381 Opfer. Das war ein schwerer Aderlaß für die Gemeinde, da in diesen Jahren auch die Geburtszahlen stark zurückgingen.  Viele Menschen verließen den Ort, andere ließen sich als Söldner anwerben. Schon zu Beginn der 40er Jahre standen viele Bauernhöfe leer, andere waren zerfallen oder verwüstet. Insgesamt gesehen wurde unser Ort in den 30er Jahren schwer getroffen. Doch die Größe des Ortes und die Besonderheiten, so der Defensionsausschuss, die Befestigungen, die Anwesenheit des Rittergeschlechtes, verhinderten, dadd Mihla wie Lauterbach, Neukirchen oder gar Creuzburg gänzlich ausgeplündert und eingeäschert wurde. Das dörfliche Leben blieb, trotz furchtbarer Wunden, erhalten.

Aus dem 30jährigen Krieg, Teil 2 In der Schreibstube einer einquartierten Söldnereinheit, zeitgenössische Abbildung des frühen 20. Jahrhunderts, Sammlung Verfasser. Gerade in den Wintermonaten wurden bevorzugt Quartiere in den Dörfern und Städten bezogen. Dann litten die Bewohner furchtbar unter der Fuchtel der völlig enthemmten Söldner.

Neben den Bevölkerungsverlusten kam es auch zur Verödung der Handelsstraßen. Räuberbanden, denen sich oft ruinierte Dorfbewohner anschlössen, und Söldnertruppen, die auf eigene Faust Krieg führten, überfielen immer häufiger Handelswagen und einzelne Gehöfte. So wurde am 21.3.1632 der wohlhabende Mihlaer Anspänner Klaus Künemundt (das Künemundtsche Gut lag auf dem Markte) auf dem Wege zum Eisenacher Markt bei Neukirchen von berittenen Wegelagerern angehalten, um ihm den Wagen und die Pferde wegzunehmen. Künemundt, der offensichtlich Widerstand leistete, wurde von den Räubern erschossen.

 Am 14. September 1632 überfielen mehrere marodierende Söldner das Forsthaus Reckenbühl, um die dortigen Pferde zu stehlen. Der Anschlag gelang jedoch nicht, die Bewohner des Forsthauses setzten sich zur Wehr. In einem Feuergefecht wurden die Räuber zersprengt, 1 Söldner getötet und ein zweiter schwer getroffen. Der verwundete Söldner flüchtete und wurde von Mihlaer Bauern im Tal aufgefunden, auf den Bäckerkarren geladen und in die „Schwarze Herberge" gebracht. Im Kirchenbuch vermerkte der Pfarrer: „ ... nannte sich Heinrich Stauer aus Heinsam im Braunschweiger Land. ... war verbunden worden und in folgender Nacht gestorben. Ward mit christlichen Ceremonien begraben, weil er unserer Confessio. Und ohn Unterlaß in seinen schmerzen Gott und den Namen Jesum angerufen."

Diese Ereignisse zeigen, dass es durchaus Widerstand gegen die Soldateska gab und bewaffnete Bauern, Förster oder Defensioner gegenüber kleinen Einheiten Möglichkeiten eines erfolgreichen Kampfes hatten. Größere Widerstandsaktionen sind allerdings nicht überliefert. Aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges wurden bis in unsere Zeit Sagen von Generation zu Generation weitergegeben, die von Räubern im Hainichwald berichten. Ebenfalls damit in Verbindung gebracht werden die noch heute am Weg von Mihla nach Kammerforst befindlichen beiden Steinkreuze. Der so genannte „Schützstein" an der Ausfahrt des Forsthauses Reckenbühl trägt die eingeritzte Nachricht vom 1640 erfolgten Mord an einem Conrad Schütze, wenige Meter weiter wird mit dem „Magdkreuz" eine Räubersage verbunden.

R. Lämmerhirt

Mihla,20.10.2011 ?