Archäologische Entdeckungen rund um Mihla: Die Harsberglandwehr 

Mihlas Wanderwegewart Jörg Rödel ist immer mit wachen Augen auf seinen Touren im Hainich unterwegs. Vor allem beschäftigt ihn die Frage, wie könnte das einmal vor einigen Jahrhunderten ausgesehen haben? 

Im Verlauf des Jahres 2018 konnte er Kontakt mit dem Fachbereichsleiter der Archäologischen Denkmalpflege im Landesamt für Denkmalpflege und Archäologie in Thüringen, Herrn Dr. Thomas Grasselt aufnehmen. 

Zweimal bereiste Herr Grasselt die Mihlaer Region und bei jeder Begehung mit Jörg Rödel, beim zweiten Mal auch mit Mihlas Ortschronisten und Bürgermeister Rainer Lämmerhirt, konnten bisher unbekannte Entdeckungen gemacht werden. 

So ist sich der Archäologe sicher, dass sich am Harsberg, direkt an der alten Landes- und Flurgrenze zwischen den früheren Herzogtümern Eisenach und Gotha oder zwischen Mihla und Lauterbach eine Landwehr befand. Der dortige Graben, der in Verlängerung vom Ihlefelder Weg, vorbei am Eingang der "Wolfsschlucht", rechts vom Wege zum Fliegerhang noch gut erkennbar ist und zudem über einen vorgesetzten Erdwall verfügt, zu einem mittelalterlichen Landwehrsystem gehört. Solche Landwehren, meist aus einem Graben und einem Wall bestehend und mit Hecken bewehrt, sollten nicht nur Landesgrenzen markieren, sie dienten auch dazu, den Handel an bestimmte kontrollierbare Durchlässe zu zwingen. 

Der Bau einer Landwehr war eine wirksame Maßnahme, die Bevölkerung eines Siedlungsgebiets oder Territoriums gegen Übergriffe von Nachbarn oder Feinden in Fehden oder Kriegen zu schützen und einen Rechtsbezirk abzugrenzen. Die Landwehren waren ein Mittel, die Wahrscheinlichkeit, Erfolgsaussicht, Wirksamkeit und Folgen mittelalterlicher Kriegsführung einzuschränken und ihnen somit vorzubeugen. Sie behinderten darüber hinaus Räuberbanden am Betreten des Gebietes und erschwerten ihren Rückzug nach Beutezügen. Die Kombination von Gebück und Gedörn war ebenfalls gut zur Einhegung von Viehweiden und als Leitlinie bei der Wolfsjagd geeignet. Häufig finden sich Wolfskuhlen entlang ihres Verlaufs. 


Auf der Flurkarte von 1987 ist die Landwehr als Graben eingezeichnet. 

Durchlässe durch die Landwehr gab es nur auf Durchgangsstraßen, an denen analog zu den Toren in einer Stadtmauer Waren- und Personenkontrollen stattfanden. So dienten Landwehren auch als wirksame Zollgrenzen, wobei bei als Landwehr ausgeführten Wegsperren innerhalb von Territorien unter Zoll, im Mittelalter als "Geleit" bezeichnet,  hauptsächlich eine Straßenmaut zu verstehen ist. Hier müsste man sofort an die Zollbank der Herren von Hopffgarten denken, die aus dem 16. Jahrhundert stammt. 

Dies würde für unsere Harsberglandwehr, die bisher in keiner Urkunde nachweisbar ist, bedeuten, dass diese in Verbindung mit alten Handelswegen stand. Tatsächlich verlief mit der "Hohen Straße" eine solche Verbindung, vom Werratal kommend, über den Harsberg und den "Steiger" (Zollbank und Steinerner Tisch) über den Pass des Ihlefelds weiter nach Salza. Dieser Heerweg, den manche Forscher auch als alte "Salzstraße" identifizieren, geht schon in die vorgermanische Zeit zurück. 

Von Lauterbach her erinnern alte Flurnamen wie "Krämerberg" an mögliche Zuwegungen zu dieser Straße und auch die Nikolauskirche in Lauterbach (St. Nikolaus galt im Mittelalter als Schutzheiliger der Kaufleute) und die auf dem Hangsporn des heutigen Lauterbacher Friedhofes angenommene mittelalterliche Burganlage, die neben dem Sitz der "Herren von Lauterbach" auch Kontrollaufgaben für diesen Handelsweg ausüben sollte, dürften an diese lang vergangene Zeit der Fuhrleute und Handelsmänner erinnern. 

Demnächst gehen wir wieder auf Forschungstour mit Dr. Grasselt und Jörg Rödel. 

Lämmerhirt