Mihlaer Geschichte(n): Schluss 

Der Aufstieg des Ortes Mihla konnte im 17.Jahrhundert nicht beibehalten werden. Häufig wechselnde feudale Herrschaften sowie die Wirkungen der Kriege, von denen besonders der 30jährige Krieg 1618 bis 1648 Mihla hart traf, führten zu hohen Bevölkerungsverlusten und zur Verödung der Handelsstraßen. Vor dem Krieg, bei Beginn seiner Amtszeit im Jahre 1608, hatte der neu eingestellte Lehrer Volcmar Bartholomeus 151 „gangbare“ Häuser gezählt, aus denen er Schulgeld für seine Mühen erhielt, im Jahre 1640 waren noch 71 vorhanden. 

Die gerade in unserer Gegend so deutlich sichtbare Kleinstaaterei tat ein Übriges hinzu. Trotzdem blieb der Ort einwohnerstark und schaffte im 18.Jahrhundert einen erneuten Aufstieg. Dieser hing vor allem mit der Schifffahrt auf der Werra zusammen. Vor allem Getreide und Waid aus der Gegend um Mühlhausen und Langensalza wurden in Mihla am Mühlgraben („Hölzerkopfhaus“) verschifft, der Ort besaß Stapelrechte und trat zeitweise in Konkurrenz zum bedeutenden Werrahafen in Wanfried. Aus dieser Zeit haben sich zahlreiche sehenswerte Fachwerkhäuser erhalten, die heute meist liebevoll gepflegt sind. 

Auch die durch die Kriegswirren schwer beschädigte St. Martinskirche wurde im Jahre 1711 völlig neu und größer erbaut, lediglich der romanische Kirchturm blieb erhalten und passt seither in seiner Größe baulich nicht mehr zum barocken Kirchenschiff. 1781 wurden durch den bekannten Glockengießer Kutschbach auch zwei beschädigte Glocken neu gegossen, die allerdings während des 1. Weltkrieges für die Rüstungsproduktion abgegeben werden mussten. Das gleiche Schicksal betraf auch die dann 1933 neu beschafften Glocken, die 1942 dem erneuten Krieg zum Opfer fielen. Lediglich die alte Glocke von 1516 konnte gerettet werden. 

Mihlaer Geschichte(n): Schluss 

Nach dem 30jährigen Krieg neu errichtet: Das Hölzerkopfhaus in Mihla. 

Das 18. und 19.Jahrhundert sah weitere Kriege, von denen das Werratal erneut hart getroffen wurde. Besonders der Siebenjährige Krieg (1756-1763) führte zu schweren Verwüstungen durch ständige Durchzüge und Einquartierungen. Die Mihlaer Jahrmärkte gingen dadurch ein und die weitere wirtschaftliche Entwicklung stagnierte. Die Kriege der Napoleonzeit brachten neue schwere Belastungen. Dutzende Mihlaer mussten in den Rheinbundeinheiten der sächsischen Herzöge dienen und fanden in Russland oder Spanien den Tod. Johannes Jakob Kirchner aus Mihla kämpfte in seiner Rheinbundtruppe gegen die Tiroler Aufständischen um Andreas Hofer, wurde 1809 im Gefecht bei Sterzing gefangen genommen und lief in der Folge zu den Tirolern über. Dort brachte er es bis zu einem Adjutanten von Hofer. 

Nur zögernd begann im 19.Jahrhundert eine gewerbliche Entwicklung. Handwerksmeister und Gesellen waren es dann auch, die während der Märzrevolution 1848 im Bunde mit landarmen Bauern das „Graue Schloss“ der Harstalls erstürmten, eine Bürgerwehr bildeten und die adligen Grundherren zu Verzichtsschreiben zwangen. Die damals angefertigte schwarz-rot-goldene Fahne wurde in der Nachfolge zur Mihlaer Kirmesfahne. Die revolutionären Ereignisse wurden jedoch rasch durch großherzogliches Militär niedergeschlagen, die Rädelsführer bestraft. 

Erst nach 1848 erfolgten die Ablösung feudaler Lasten und eine Separation der landwirtschaftlichen Nutzfläche, die sich bis in die 70er Jahre hinzog.

Der wirtschaftliche Aufwärtstrend, der sich mit der Gründung des Zweiten Kaiserreiches schließlich durchsetzte, bescherte Mihla die ersten Betriebe. Bald entstanden Parteien und Vereine, das gesellschaftliche Leben entwickelte sich rascher als bisher, was man z.B. auch daran feststellen kann, dass sich traditionelle Vereinsgasthäuser wie der „Gasthof „Zum Schwan“ oder „Zum Mohren“ mit Tanzsälen und Kegelbahnen großer Beliebtheit erfreuten. Mihla wurde wieder zu einem Zentrum für die Region. 

Im Jahre 1900 wurde die Einwohnergrenze von 2.000 Bewohnern überschritten. Allmählich setzte eine vorsichtige Industrialisierung ein. Hierzu trugen Baugewerbe (Steinbrüche im Hainich), die Zigarrenindustrie sowie mehrere Sägewerke und Zimmerplätze erheblich bei. Wichtig war der im Oktober 1907 erfolgende Anschluss an die Werrataleisenbahn von Eisenach nach Treffurt. Seit 1910 gab es elektrischen Strom, der in einem eigenen Wasserkraftwerk an der Werra produziert wurde. 

Mihlaer Geschichte(n): Schluss 

Stätte der Dorfgerichtsbarkeit der Herren von Harstall, der Mihlaer Anger. Ursprünglich war die Steinumfassung des Richtertisches umlaufend und wurde erst mit der Erweiterung der "Backstube" aufgegeben. 

Erster und Zweiter Weltkrieg trafen Mihla hart. Von 1914 bis 1918 fanden 71 Mihlaer den Tod, im Zweiten Weltkrieg starben über 160 Einwohner in Folge von Kampfhandlungen. Im April 1945 wurde an der Werra der Versuch gemacht, die vordringenden Amerikaner aufzuhalten. US-Soldaten, Wehrmachtsangehörige und Zivilisten fanden wenige Tage vor dem Kriegsende den Tod. An das Geschehen erinnert heute ein Gedenkstein an der Alten Post. Alle Werrabrücken wurden während der Kämpfe gesprengt und wegen der Lage an der deutsch-deutschen Grenze später nur teilweise wieder aufgebaut. in den viertägigen Kämpfen um Mihla fanden fünf US- und sieben deutsche Soldaten den Tod. 

Die Nachkriegsentwicklung rückte Mihla in die Nähe der Zonengrenze, wodurch sich Handel und Gewerbe nur langsam erholten. Trotzdem blieb der Ort wirtschaftliches Zentrum der Region. Neben landwirtschaftlichen Betrieben (LPGs) und einem Kombinatbetrieb, in dem landwirtschaftliche Ausrüstungen produziert wurden, siedelte sich in Mihla die Uhrenindustrie (Uhrenwerke Ruhla) an, Holzverarbeitung und Baugewerbe sicherten viele Arbeitsplätze. Der Ort blieb Schulstandort und verfügte über eine entwickelte Infrastruktur. 1989 lebten in Mihla 2900 Einwohner. 

Ab 1990 vollzog sich ein grundlegender Strukturwechsel. Die DDR-Betriebe konnten nicht gehalten werden, neue Gewerbe begannen ihre Produktion, so mittelständische Unternehmen der Autozulieferindustrie, der Medizintechnik und des Stahlbaus, sowie traditionelle Handwerksbetriebe. Die Gemeinde Mihla setzt gegenwärtig auf die Entwicklung des Tourismus. Hier kann man von der Lage am Rande des Weltnaturerbes Hainich und im Werratal profitieren, ein modernes Freibad, Reitanlagen, Kegelbahn, über einhundert Kilometer ausgewiesene Wanderwege sowie ein heimatgeschichtliches Museum und die Wirkung von 15 Vereinen lassen den Hauptort der heutigen Verwaltungsgemeinschaft Mihla für Bewohner und Gäste erlebbar machen.

Höhepunkte im Jahreslauf sind das Reit- und Fahrturnier immer zu Pfingsten, welches auf dem vereinseigenen Reitplatz an drei Tagen jedes Mal einige Tausend Zuschauer anlockt, und die Kirmes, die im Oktober nach alter Tradition mit drei Husaren und einem Vorreiter in altkaiserlicher Dragoneruniform gefeiert wird. 

 

 

 

 

Mihla,29. 03. 2017